Di­gi­ta­li­sie­rung im Mit­tel­stand in Zah­len

Der Digitalisierungsgrad von Unternehmen oder ganzen Volkswirtschaften kann durch unterschiedliche Kennzahlen adressiert werden. Dazu gehören aggregierte Indizes oder Zahlen zur Verbreitung von digitalen Technologien.

Studie zur Digitalisierung und Nachhaltigkeit in Unternehmen

Die digitale und ökologisch nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft ist eine der zentralen gegenwärtigen sowie zukünftigen Herausforderungen. Beide Transformationsprozesse sowie ihr Zusammenwirken stehen bereits weit oben auf der politischen Agenda. Als Anwender von innovativen digitalen Lösungen kommt der gewerblichen Wirtschaft hierbei eine wichtige Rolle zu.

Vor diesem Hintergrund hat die Bundesnetzagentur zwischen Oktober 2022 und Februar 2023 eine repräsentative Unternehmensbefragung zu Aspekten der Digitalisierung und der ökologischen Nachhaltigkeit durchgeführt.

Ausgewählte Ergebnisse

Funktionsbereiche mit eher administrativen und häufig standardisierten Tätigkeiten weisen höhere Digitalisierungspotenziale in Form der theoretisch digitalisierbaren Prozesse auf, als Funktionsbereiche mit weniger standardisierten Tätigkeiten. Für den Anteil tatsächlich digitalisierter Prozesse zeigt sich ein qualitativ ähnliches Bild. Unternehmensweit sind im Durchschnitt 59 Prozent aller Prozesse theoretisch digitalisierbar und durchschnittlich 41 Prozent der Prozesse bereits digitalisiert.

 

Wer ist „der Mittelstand“?

Die Zugehörigkeit eines Unternehmens zum "Mittelstand" wird durch die Einheit von Eigentum und Leitung bestimmt (siehe Definition des IfM Bonn). Diese qualitativen Merkmale sind für statistische Analysen nur schwer operationalisierbar. Daher wird hilfsweise die KMU-Definition der EU-Kommission herangezogen.

Hierfür sind objektive Kriterien als Abgrenzungsmerkmale festgelegt:

  • die Beschäftigtenanzahl (unter 250) und
  • der Umsatz (bis zu 50 Mio. Euro) oder die Bilanzsumme (bis zu 43 Mio. Euro)

Tatsächlich beruhen Analysen zum Digitalisierungsstand des Mittelstands in der Regel auf KMU. Dabei erfüllen KMU auch mehrheitlich die qualitativen Kriterien des Mittelstandsbegriffes.

KMU als Rückgrat der Wirtschaft

Kleinste, kleine und mittlere Unternehmen prägen die deutsche Wirtschaft: Von den etwa 2,6 Millionen Unternehmen* in Deutschland sind mehr als 99 Prozent KMU. Sie stellen etwa 58 Prozent aller Arbeitsplätze bereit und erwirtschaften knapp ein Drittel aller Umsätze.

  • Die kleinsten Unternehmen (bis 9 Beschäftigte und bis 2 Mio. Euro Umsatz) stellen mit 84 Prozent aller Unternehmen die größte Gruppe dar.
  • Darauf folgen die kleinen Unternehmen (10 bis 49 Beschäftigte und über 2 bis 10 Mio. Euro Umsatz) mit 14 Prozent und mittlere Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte und über 10 bis 50 Mio. Euro Umsatz) mit etwa 2 Prozent .
  • Weniger als 1 Prozent der Unternehmen in Deutschland gelten als große Unternehmen (mehr als 250 Beschäftigte und über 50 Mio. Euro Umsatz).
* Die hier angegebene Anzahl der Unternehmen basiert auf der Strukturellen Unternehmensstatistik von Eurostat.

Die starke KMU-Prägung der deutschen Wirtschaft ist weitestgehend unabhängig vom Wirtschaftszweig.

Digitalisierungsstand nach ausgewählten IKT

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) bilden die Grundlage für die digitale Transformation in Unternehmen. Ihr Einsatz ermöglicht u.a. eine effizientere Gestaltung von Prozessen und Produkten oder die Entwicklung neuer digitaler Dienste oder ganzer Geschäftsmodelle.

Die tatsächliche IKT Durchdringung liefert einen guten Indikator für den Digitalisierungsstand im Mittelstand. Hierzu gibt es verschiedene Erhebungen, die mit unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten für verschiedene Zeiträume und Grundgesamtheiten Erkenntnisse liefern. Im Folgenden wird die Nutzung verschiedener IKT in Deutschland und Europa dargestellt. Grundlage für die grafischen Analysen sind die Daten der jährlichen Eurostat Erhebung zur Nutzung von IKT in Unternehmen1. Die Grundgesamtheit der Umfrage besteht aus Unternehmen mit 10 oder mehr Beschäftigten. Kleinstunternehmen (0 bis 9 Beschäftigte) werden auf freiwilliger Basis erfasst, weshalb die Kennzahlen für sie nicht oder nicht vollständig vorliegen. Sie sind daher auch nicht Teil der nachstehenden Analysen. Die Eurostat Erhebung eignet sich aus mehreren Gründen, um den Digitalisierungsfortschritt in Deutschland abzubilden. Sie deckt die Nutzung unterschiedlicher IKT ab und ermöglicht Vergleiche zwischen Größenklassen, Wirtschaftszweigen und den EU-Mitgliedsstaaten.

Digitaler Intensitätsindex der EU

Die Europäische Kommission formulierte 2021 den digitalen Kompass 2030. Dieser Kompass enthält auch Zielvorgaben für den digitalen Wandel in Unternehmen. Demnach sollen z.B. 90 Prozent der KMU bis 2030 zumindest eine grundlegende digitale Intensität erreichen.

Die digitale Intensität wird dabei anhand von zwölf Indikatoren gemessen, welche die Nutzung digitaler Technologien bzw. Anwendungen widerspiegeln (in der Version des Index für 2023 sind dies u.a. die Nutzung von Künstlicher Intelligenz, der Bezug kostenpflichtiger Cloud Computing Dienste über das Internet oder eine Internetverbindung mit mindestens 30 Mbit/s). Der daraus resultierende Index (Digital Intensity Index der EU) kann insgesamt zwölf Punkte erreichen, einen für jeden Indikator. Es werden vier Stufen der digitalen Intensität unterschieden: sehr niedrig (0 bis 3 Punkte), niedrig (4 bis 6 Punkte), hoch (7 bis 9 Punkte) und sehr hoch (10 bis 12 Punkte). Eine grundlegende digitale Intensität liegt vor, wenn mindestens vier Punkte erreicht bzw. mindestens vier dieser Indikatoren erfüllt sind.

Die folgende Abbildung zeigt die Verteilung des digitalen Intensitätsindex für Deutschland nach drei Beschäftigtengrößenklassen. Kleine und mittlere Unternehmen weisen überwiegend eine niedrige bis sehr niedrige digitale Intensität auf. Dabei können 42 Prozent der kleinen Unternehmen und 20 Prozent der mittleren Unternehmen die grundlegende digitale Intensität (4 Punkte oder mehr) nicht erreichen. Große Unternehmen weisen mehrheitlich eine hohe bis sehr hohe digitale Intensität auf. Lediglich 7 Prozent der großen Unternehmen verfügen nicht über eine grundlegende digitale Intensität.

In der nächsten Grafik ist die Verteilung des digitalen Intensitätsindex nach Wirtschaftszweig - unabhängig von der Unternehmensgröße - für Deutschland dargestellt. Insgesamt erreichen 38 Prozent der Unternehmen nicht die grundlegende digitale Intensität. Dieser Anteil ist mit 5 Prozent im Wirtschaftszweig „Information und Kommunikation“ am geringsten und mit 60 Prozent im „Baugewerbe“ am höchsten. In den übrigen Wirtschaftszweigen liegt dieser Anteil zwischen 24 Prozent (Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen) und 56 Prozent (Verkehr und Lagerei).

Nach dem Überblick über den allgemeinen Digitalisierungsstand in Unternehmen wird nachfolgend das Augenmerk auf die Nutzung ausgewählter digitaler Technologien gerichtet. Dabei werden die Technologien hervorgehoben, deren Entwicklungen in der Bundesnetzagentur genauer verfolgt werden.

Nutzung von Online-Marktplätzen zu Verkaufszwecken

Digitale Handelsplattformen oder Online-Marktplätze sind ein wichtiger Marketing-, Beschaffungs- und Vertriebskanal für Unternehmen.

Die erste Grafik zeigt den Anteil der Unternehmen, die Online-Marktplätze (z.B. Booking, eBay, Amazon) für Verkaufszwecke nutzen. Abgebildet sind zehn Wirtschaftszweige und der jeweilige Durchschnitt der EU-Länder (oranger Punkt).

In Deutschland werden Online-Marktplätze insbesondere von Unternehmen der Wirtschaftszweige „Gastgewerbe“ und „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“ zu Verkaufszwecken genutzt. Am wenigsten verbreitet ist die Nutzung im „Baugewerbe“ und bei der „Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen“. Insgesamt betrachtet (ohne Unternehmen des Finanzsektors) liegt der Anteil der Unternehmen, die Online-Marktplätze zu Verkaufszwecken nutzen, in Deutschland mit etwa 9 Prozent auf dem Niveau des europäischen Durchschnitts.

In der zweiten Grafik ist die Verteilung des Anteils der Unternehmen mit Verkäufen über Online-Marktplätze – separat für drei Unternehmensgrößenklassen – für die EU-Länder in Form eines Boxplots2 dargestellt. Zum besseren Vergleich wurden auch die einzelnen Datenpunkte der betrachteten EU-Länder und Deutschlands (blauer Punkt) sowie der EU-Durchschnitt (oranger Punkt) in der jeweiligen Größenklasse visualisiert. Darüber hinaus sind die Datenpunkte der Länder mit dem höchsten Wert in der jeweiligen Größenklasse mit ihrem ISO Ländercode gekennzeichnet. Insgesamt ist erkennbar, dass der Anteil der Unternehmen, die Online-Marktplätze zum Verkauf ihrer Produkte und Dienstleistungen nutzen, einen leichten positiven Trend mit steigender Unternehmensgröße aufweist. Deutschland liegt in allen Beschäftigtengrößenklassen in den oberen 50 Prozent der Verteilung. Bei kleinen und mittleren Unternehmen liegt Deutschland leicht über dem EU-Durchschnitt, bei großen Unternehmen leicht darunter.

Nutzung von Cloud-Services

Der Bezug von kostenpflichtigen Cloud Computing Diensten (Cloud-Services) über das Internet ist verbreiteter als die Nutzung von digitalen Handelsplattformen. Branchenübergreifend liegt der Anteil der Unternehmen in Deutschland, die Cloud-Services nutzen, bei 47 Prozent und damit leicht oberhalb des EU-Durchschnitts von 45 Prozent. Am weitesten verbreitet ist die Nutzung von Cloud-Services im Wirtschaftszweig „Information und Kommunikation“ (83 Prozent). In keinem Wirtschaftszweig liegt der Anteil jedoch unter 35 Prozent. Hinsichtlich der Unternehmensgröße ist ein Trend erkennbar: Der Anteil der Unternehmen, die Cloud-Services beziehen, steigt tendenziell mit der Anzahl der Beschäftigten. Für kleine und mittlere Unternehmen liegen die Anteile in Deutschland etwa auf dem Niveau des jeweiligen Medians und Durchschnitts der EU. Der Anteil großer Unternehmen in Deutschland, die Cloud-Services beziehen, liegt in der unteren Hälfte der Verteilung auf Höhe des Durchschnitts der EU.

Durchführung von Datenanalysen

Die erste Abbildung zeigt den Anteil der Unternehmen in Deutschland, in denen Datenanalysen von eigenen Beschäftigten oder von einem externen Dienstleister durchgeführt werden.

Insgesamt betrachtet liegt der Anteil der Unternehmen mit Datenanalysen in Deutschland mit etwa 37 Prozent oberhalb des EU-Durchschnitts (33 Prozent). Mit Ausnahme der Wirtschaftszweige „Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen“ und „Baugewerbe“ gilt dies auch für die übrigen Wirtschaftszweige. Die höchsten Anteile an Unternehmen mit Datenanalysen in Deutschland liegen in den Wirtschaftszweigen „Information und Kommunikation“ (56 Prozent) und „Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz“ (51 Prozent).

In der zweiten Abbildung ist erkennbar, dass der Anteil der Unternehmen mit Datenanalysen tendenziell mit der Unternehmensgröße steigt. Der jeweilige Anteil in Deutschland liegt über alle Größenklassen hinweg in der oberen Hälfte der Verteilung und oberhalb des EU-Durchschnitts.

Einsatz Künstlicher Intelligenz

Die folgenden Abbildungen zeigen die Anteile der Unternehmen, die angeben mindestens eine Künstliche Intelligenz zu verwenden.

Unter Künstlicher Intelligenz werden hier u.a. Methoden der Textauswertung, der Spracherkennung, der Erzeugung natürlicher Sprache, der Bilderkennung und -verarbeitung, des Maschinellen Lernens sowie robotergesteuerte Prozessoptimierung und autonome Roboter verstanden. Für Deutschland liegen die Anteile in allen dargestellten Wirtschaftszweigen über dem entsprechenden EU-Durchschnitt. Zusammengenommen liegt der Anteil in Deutschland mit etwa 12 Prozent etwas oberhalb des EU-Durchschnitts von 8 Prozent. Sowohl in Deutschland als auch in der EU ist der Anteil der Unternehmen, die Künstliche Intelligenz verwenden, im Wirtschaftszweig „Information und Kommunikation“ am höchsten (Deutschland: 33 Prozent, EU: 29 Prozent), während er im Baugewerbe mit etwa 5 Prozent (EU: 3 Prozent) am niedrigsten ist.

Aus der zweiten Abbildung wird ersichtlich, dass sowohl der Anteil der Unternehmen, die Künstliche Intelligenz verwenden, als auch die Streuung der Anteilswerte tendenziell mit der Unternehmensgröße steigt. Für kleine (10 bis 49 Beschäftigte) und mittlere Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte) liegt Deutschland mit 10 bzw. 16 Prozent oberhalb des jeweiligen Medians und EU-Durchschnitts. Für große Unternehmen liegt der Anteil in Deutschland mit 35 Prozent ebenfalls sowohl oberhalb des Medians als auch oberhalb des EU-Durchschnitts.

1 Die jeweils aktuell verfügbaren Daten können unter https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/digital-economy-and-society/database eingesehen werden. Die hier verwendeten Daten wurden am 13. August 2024 abgerufen.

2 Ein Boxplot beschreibt die Verteilung einer kontinuierlichen Variablen (hier Anteil Unternehmen) kompakt mit wenigen Kennzahlen. Zu diesen gehören typischerweise Minimum, 25 Prozent Quantil, 50 Prozent Quantil (Median), 75 Prozent Quantil und Maximum. Die Box wird vom 25 Prozent Quantil bis zum 75 Prozent Quantil gezeichnet und enthält somit die mittleren 50 Prozent der Daten. Die horizontale Linie durch die Box kennzeichnet den Median, also den Wert unter und über dem 50 Prozent der Daten liegen. Die vertikalen Linien oberhalb und unterhalb der Box heißen Whisker und entsprechen maximal der 1,5-fachen Länge der Box bzw. des Interquartilsabstandes.

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